Die Edelkastanie ist eine raschwüchsige Baumart, die auf vielen Standorten gedeiht, aber gut durchlüftete Böden ohne Wasserüberschuss braucht. Ein Ausschlusskriterium ist freier Kalk im Oberboden. Als Mischbaumart lässt sie sich gut in bestehende Systeme integrieren. Sie ist eine Baumart mit Wertholzoption und zeigt ein günstiges Verhältnis im Hinblick auf Leistung und standörtlichem Anbaurisiko. Ihre Eigenschaft als Zukunftsbaum wird aber durch den Kastanienrindenkrebs geschmälert. In den warm-trockenen und nährstoffarmen Gebieten Bayerns kann die Edelkastanie zur Walderhaltung beitragen.
Das natürliche Verbreitungsgebiet der Edelkastanie umfasst das südliche Europa sowie Teile Nordafrikas. Die nördliche Grenze bilden dabei Pyrenäen und Alpen, im weiteren Verlauf die bosnischen Berge, das Rhodopen-Gebirge und der Kaukasus. Die vertikale Ausdehnung der Edelkastanie beginnt ab Meereshöhe und reicht in den Alpen und im Apennin bis 1.000 m, auf Sardinien und Sizilien bis 1.500 m, in Spanien bis 1.600 m und im Kaukasus auf bis zu 1.800 m Höhe.
Bedeutende Anbauten außerhalb oder an der Grenze ihrer natürlichen Verbreitung befinden sich in weiten Teilen Süd- und Westeuropas.
In Deutschland macht sie rund 0,07 % der Waldfläche aus. Dort kommt sie vor allem in Baden-Württemberg (Ortenaukreis) und Rheinland-Pfalz häufiger vor. In Bayern wird die Edelkastanie in den wärmeren Lagen mit Schwerpunkt in Mainfranken angebaut. Aber auch im Donauraum kommt sie in Schwaben, Ober- und Niederbayern vor.
Eine Unterscheidung verschiedener Herkünfte der Edelkastanie läuft derzeit. Dabei werden Populationen aus Deutschland mit Populationen aus dem Kern des natürlichen Verbreitungsgebiets verglichen. Dadurch lassen sich langfristig Mindeststandards für die Auswahl von Saatguterntebeständen festlegen. Eine weitere Differenzierung wird zwischen Bäumen mit dem Schwerpunkt auf der Holz- und auf der Fruchtproduktion vorgenommen.
Quelle: Caudullo et al. (2017)
Die Edelkastanie kommt in submediterranen bis subatlantischen Bereichen vor. Sie bevorzugt ein warmes, wintermildes Klima. Große Teile der Klimanische sind dem warm-trockenen und warm-feuchten Bereich zuzuordnen. Edelkastanien gehören im mediterranen Bereich zu den submontanen bis montanen Baumarten.
Jahresmitteltemperaturen von 8 – 14 °C sind günstig für die Edelkastanie. Als wärmeliebende Baumart benötigt die Edelkastanie eine Januartemperatur von größer – 2,5 °C, um sich gut zu entwickeln. Lagen mit Sommertemperaturen von 17 bis 19 °C und warmen Herbstmonaten sagen ihr besonders zu. Dabei erträgt sie Trockenheit und kommt bereits mit 140 mm Niederschlag in den Sommermonaten aus. Die warm-trockene Grenze dieser Baumart wird selbst bei starker Klimaerwärmung in Bayern nicht erreicht. Für gutes Wachstum sind auch bei der Edelkas tanie Jahresniederschläge über 600 mm günstig.
Die Edelkastanie verträgt keine vernässten Standorte. Sie braucht lockere, gut durchlüftete Böden. Von Standorten mit Stauwasser, Überflutung und Mooren ist sie ausgeschlossen.
Böden mit freiem Kalk im Oberboden werden von der Edelkastanie gemieden. Auf ausgeprägten Kalkstandorten ist ihr Anbau daher nicht zu empfehlen. Das Optimum der Edelkastanie liegt, ähnlich wie bei der Buche, bei mittleren, noch gut nährstoffversorgten Böden, ohne Luftmangel. Neben basenreichen Standorten besteht auch auf tiefgründig versauerten Standorten ein geringes Anbaurisiko. Tonböden werden von der Baumart nur schwach durchwurzelt und eher gemieden. Ähnlich wie bei unseren Eichenarten wird die grobe Laubstreu der Edelkastanie eher langsam abgebaut.
Mittlere bis saure Böden sind günstig für die Edelkastanie. In Bayern zeigt sie gute Wuchseigenschaften auf tiefgründigen, gut wasserversorgten Böden in wärmebegünstigten Lagen. Auf wüchsigen Buchenwald-Standorten, z. B. sauren Braunerden und Parabraunerden, sind gute Erträge zu erwarten. Gerade in den warm-trockenen und nährstoffarmen Gebieten Bayerns kann die Edelkastanie zur Walderhaltung beitragen.
Für die Edelkastanie ist die Prognose im Klimawandel regional unterschiedlich. Sie hat gegenwärtig nur in den wärmegetönten Tieflagen wie der Untermainebene ein geringes Risiko. In der Zukunft vollzieht sich hier ein klarer Wechsel. Die jetzt noch zu kühleren Regionen werden erst bei einem Temperaturanstieg geeignet sein für die Edelkastanie. In weiten Teilen Bayerns ist der Anbau von Edelkastanie dann mit einem geringen bis sehr geringen klimatischen Risiko möglich. Ein Ausschlusskriterium ist der »freie Kalk im Oberboden« wie im Jurabogen, in der Schotterebene und in den Kalkalpen. Hoch lagen der Rhön, des Fichtelgebirges, des Bayerischen Waldes und der Alpen werden weiterhin ausgeschlossen sein.
Quelle: BaSIS, Bayerisches Waldinformationssystem (BayWIS)
Die Edelkastanie besitzt ein sehr rasches Jugendwachstum bei gleichzeitig relativ stabilen Zuwächsen bis in mittlere Altersstufen hinein. Ihre Zuwachsleistungen liegen bislang etwas unterhalb von Stiel- und Traubeneiche, jedoch auf einem annähernd vergleichbaren Niveau wie bei Berg- und Spitzahorn oder Winter- und Sommerlinde. Die wüchsigsten Bestände zeigen, dass die Edelkastanie im Alter von 100 Jahren ähnliche Höhen wie die Buche erreichen kann, wenn sie auf entsprechenden Standorten angebaut wird.
Das Holz der ringporigen Edelkastanie ist mittelschwer, bei einer mittleren Rohdichte von 620 kg /m³. Der weißlich-gelbe Splint unterscheidet sich stark vom braunen, dunkel gestreiften Kern. Homogen aufgebaute Holzstrahlen geben zusätzlich Struktur. Der Tannin-Gehalt des Holzes ist mit 13 % sehr hoch. Splintholz ist wenig, das Kernholz sehr dauerhaft gegen Insekten und Pilze. Das Holz ist dauerhaft im Wasser und sehr witterungsfest.
Es lässt sich gut sägen, hobeln, schleifen, schnitzen, verleimen und lackieren. Es trocknet gut, aber langsam.
Stämme geringer Dimensionen – zumeist aus Niederwäldern – werden oft als Brennholz, für Palisaden und im Lawinenverbau verwendet. Stärkeres Holz hoher Qualität ist als Furnier-, Möbel- sowie als Fassholz und für den Innenausbau gefragt. Auch beim Bau von Musikins trumenten, zur Gerbstoff gewinnung sowie für die Papier- und Zellstoffproduktion wird die Edelkastanie genutzt. Darüber hinaus ist die Fruchtproduktion in vielen Ländern wirtschaftlich bedeutsam.
Zwei Pilze, der Kastanienrindenkrebs und die Tintenkrankheit, können bei der Edelkastanie zu massiven Schäden führen. Über Wunden infiziert der Erreger des Kastanienrindenkrebses Rindengewebe von Stamm und Ästen, wo dann Krebsgewebe gebildet wird. Dies führt zum Absterben von Ästen, langfristig zum Tod des Baumes. Trockenheit und Hitze erhöhen die Infektionsgefahr.
Der Erreger der Tintenkrankheit dringt über Wurzeln in Bäume ein und führt zu Welkeerscheinungen, fehlender Fruchtbildung und dem Zurücksetzen der Krone. Da die Krankheit von Phytophthora-Pilzen ausgelöst wird, sind meist staunasse und grundwasserbeeinflusste Standorte gefährdet. Typisch für die Krankheit ist der schwarze Ausfluss an der Stammbasis. An Blättern, Blüten und Knospen tritt seit 2012 in Deutschland die (Japanische) Edelkastaniengallwespe auf. Sie bildet Gallen, die die Fruchtbildung behindern, den Zuwachs verringern und Eintrittspforten für den Rindenkrebs bilden. Schwammspinner können bei Massenvermehrung Kahlfraß verursachen. Der Europäischer Kastanienrüsselkäfer sowie Früher und Später Kastanienwickler treten nur an Früchten schädlich auf.
Bild: Rotorange Fruchtkörper des Rindenkrebses
Die Edelkastanie ist eine Baumart bodensaurer Eichen-Mischwälder. In Bayern kommt sie jedoch nicht natürlich vor.
Schon junge Edelkastanien neigen zum Aufbau von Totholz, wodurch viele Kleinlebensräume, später auch zahlreiche Höhlen entstehen. Diese sind für Bunt- und Grünspecht oder Waldkauz bedeutsam. Auch die im Alter grobe Rinde stellt einen wert vollen Lebensraum für Algen, Moose, Flechten sowie eine Vielzahl von Insekten dar. Die Blüten locken zahlreiche Besucher wie Bienen, Hummeln und Schwebfliegen an. Neben dem hohen Nektar- und Pollenangebot sind auch die häufigen Honigtautrachten durch diverse Läusearten als Nahrungsgrundlage von Bedeutung. Über 800 Pilzarten kommen an der Edelkastanie vor, ebenso sind mehr als 100 Flechtenarten und 40 Moose an der Baumart bekannt. Mit rund 1.000 Käferarten, davon ca. 20 % auf der Roten Liste, weist sie eine vergleichbare Käferfauna wie Eichen auf, mit denen sie insgesamt relativ viele faunistische Gemeinsamkeiten hat.
Raschwüchsige Lichtbaumart, in der Jugend Halbschatten vertragend, wärmeliebend, spätfrostgefährdet. Bodenverbessernd, Bienenweide, gut stockausschlagfähig.
Naturverjüngung, Stockausschlag, Pflanzung und Saat; später hohen Lichtgenuss sicherstellen.
Frühzeitige Sicherung von 100 – 150 Optionen einschließlich Mischbaumarten (Abstand 8 – 10 m). Gegen Ende bemessene Förderung von 100 – 150 Optionen. Erhalt leichter Kronenspannung zur Astreinigung. Alternativ Bewirtschaftung im Mittel- oder Niederwald.
Bei Erreichen einer grünastfreien Schaftlänge von 6 – 8 m oder BHD 14 cm Umlichtung von 50 – 100 Z-Bäumen (Abstand ca. 10 – 15 m) durch Entnahme der Bedränger. Eingriffe alle 3 – 5 Jahre. Gleichmäßig hohe Lichtgabe, Jahrringsprünge vermeiden (Ringschäle). Erhalt des Nebenbestands. Zur Erreichung hoher Qualitäten gegebenenfalls Wertastung.