Hinsichtlich Klima und Standort ist die Zerreiche eine anpassungsfähige Baumart. Sie lässt sich gut in bestehende Ökosysteme integrieren und wird als nicht invasiv bewertet. Die Herkünfte unterscheiden sich in Wuchsleistung und Holzqualität, die teils gering sein kann. Derzeit in höheren Lagen noch durch Kälte limitiert, ist der Anbau der Zerreiche in Zukunft in weiten Teilen Bayerns mit einem geringen bis sehr geringem Risiko möglich. Aufgrund ihrer Klimanische und hoher Toleranz gegenüber Trockenheit ist sie für den Waldumbau in klimatisch schwierigen Regionen geeignet.
Die Zerreiche ist in Italien und Südosteuropa weit verbreitet. Im Osten kommt sie bis nach Anatolien vor, im Westen bis nach Südfrankreich und Nordspanien. Östlich der Alpen erstreckt sich ihr Areal bis nach Mähren und in die Slowakei. Innerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets beschränkt sie sich meist auf Höhenstufen von 50 bis 900 m. In Ungarn zählt die Zerreiche mit einem Anteil von rund 11 % an der Waldfläche zu den wichtigsten standortheimischen Baumarten und hat dort wirtschaftliche Bedeutung. Größere Anbauten jenseits ihrer natürlichen Verbreitung befinden sich in Mittel- und Nordfrankreich sowie auf den Britischen Inseln.
Vereinzelte Vorkommen der Zerreiche in Bayern befinden sich vor allem in Unter- und Mittelfranken. Wegen ihrer Robustheit wird sie zunehmend im städtischen Grün verwendet.
Von der Zerreiche sind sieben Varietäten bekannt. Südliche Herkünfte, zumeist var. austriaca, die dominierende Form der Zerreiche in Südosteuropa, scheinen insgesamt bessere Holzqualitäten zu liefern. Im Rahmen von Herkunftsversuchen sollte die Anbauwürdigkeit der unterschiedlichen Varietäten in Bayern bewertet werden. Die Zerreiche unterliegt dem FoVG. Eine Hybride mit der Korkeiche ist bekannt.
Quelle: Caudullo et al. (2017)
Im Vergleich mit allen fünf in Bayern vorkommenden Eichenarten hat die Zerreiche die höchste Schattentoleranz. Sie ist weniger lichtbedürftig als die Traubeneiche und ähnlich frosthart. Ihre Ansprüche an Wasser und Licht steigen in den Randgebieten ihrer Verbreitung, die Unterarten sind sehr variabel.
Die Zerreiche hat eine ausgedehnte Klimanische vom warmtrockenen bis in den humiden Bereich. Der Ast mit hohen Niederschlägen bei mittleren Temperaturen zeigt die Verbreitung in mediterranen Gebirgen an. Unter den mitteleuropäischen Eichenarten hält nur noch die Flaumeiche größere Trockenheit aus. Trotz ihrer großen Toleranz gegenüber sommerwarmem und trockenem Klima erträgt die Zerreiche auch ausgeprägt winterkaltes Klima mit Januartemperaturen bis –7 °C und Extremwerten von bis zu –20 °C. Von älteren Anbauten in Deutschland wird allerdings über die Tendenz zu häufigen Forstrissen und -leisten berichtet.
Die Überlappung mit der aktuellen Klimahülle Bayerns ist gering. Im Klimawandel nimmt die Übereinstimmung mit dem bayerischen Klima deutlich zu. Die warm-trockene Grenze dieser Baumart wird selbst bei starker Klimaerwärmung nicht erreicht.
Die Zerreiche zeigt eine hohe Toleranz bei der Wasser- und Nährstoffversorgung.
Sie hält Staunässe, dauerhaftes Grundwasser und Überflutungen besser aus als Flaumeiche und Roteiche. Im Vergleich sind bei Wasserüberschuss Trauben- und vor allem Stieleiche jedoch besser geeignet als die alternativen Eichenarten. Staunasse Lehm- und Tonböden können durchwurzelt werden. Die Zerreiche ist an mäßig frische bis sehr trockene Standorte angepasst.
Die Zerreiche hat eine breite Nährstoffamplitude und stockt auf Kalk- wie Silikatgesteinen. Sie bevorzugt aber Böden mit hoher Basensättigung zumindest im Unterboden. Kalk im Oberboden bringt Wuchseinschränkungen. Sie besiedelt auch flachgründige Standorte, hat aber im Verbreitungsgebiet auf stark degradierten Standorten Probleme. Das Herzwurzelsystem verleiht ihr eine hohe Standfestigkeit. Die Streu baut sich nur sehr langsam ab.
Die Prognose für die Zerreiche im Klimawandel ist sehr positiv. Dort, wo bis jetzt die niedrigen Wintertemperaturen zu einem erhöhten bis sehr hohen Anbaurisiko führen, wie z. B. in den ostbayerischen Mittelgebirgen, wird dieses mit den steigenden Temperaturerhöhungen zukünftig sinken.
In weiten Teilen Bayerns ist der Anbau von Zerreiche in Zukunft mit einem geringen bis sehr geringem Risiko möglich. Nur in den Hochlagen des Frankenwaldes, des Bayerischen Waldes, des Fichtelgebirges und der Alpen bleibt es nach der Prognose zu kühl für diese Baumart.
Quelle: BaSIS, Bayerisches Waldinformationssystem (BayWIS)
Die Zerreiche ist potenziell sehr wuchsfreudig, gerade in der Jugend. Das Leistungsdiagramm spiegelt die große Bandbreite des Höhenwachstums in Europa wider. Dabei wird die Leistung sehr stark vom Standort geprägt. Auf den trockenen Standorten im mediterranen Hauptverbreitungsgebiet ist das Wachstum stark eingeschränkt. Die Zerreiche wird dort meist im Niederwald bewirtschaftet. In humiden Anbaugebieten in Mitteleuropa können jedoch wesentlich höhere Zuwachspotenziale erreicht werden. In Bayern kann die Zerreiche in wärmegetönte Eichen-Mischwäldern integriert werden.
Innerhalb des Verbreitungsgebiets sind die Holzeigenschaften der Zerreiche sehr variabel. Im Unterschied zu Stiel- und Traubeneiche ist ihr Holz nicht witterungsfest und wenig dauerhaft.
Das Holz besitzt einen braunen, manchmal rosa-farbenen bis rötlichen Kern mit einem raschen Übergang zum gelblichen Splint. Eigenschaften des Holzes schwanken mit der Herkunft, südliche Varietäten liefern oft höherwertiges Holz als nördliche. Die mittlere Rohdichte liegt bei 850 kg /m³, je nach Herkunft zwischen 600 und 1.005 kg /m³. Das Holz ist gerad faserig und von grober Textur, es schwindet stark, reißt oft beim Fällen auf, ist nicht witterungsfest, kaum dauerhaft gegen holzzerstörende Insekten.
Es lässt sich leicht sägen, schleifen, streichen, färben und ist einfach zu verkleben.
Stämme aus Niederwald liefern Brennholz und Holzkohle. Kernwüchse sind oft von schlechter Qualität. Hochwertige Stämme werden im Schiffsbau, dem Innenausbau und für Paneele verwendet. Das Holz kann für die Papierindustrie und den Aufschluss von Cellulose und Lignin eingesetzt werden.
Vor allem zwei Insektenarten treten als gefährliche Schaderreger bei der Zerreiche wie bei unseren Stiel- und Traubeneichen auf: Eichenprozessionsspinner und Schwammspinner. Bei Massenvermehrungen kann es zu mehrjährigem starken Befall kommen. In kleinerem Umfang können auch Eichenwickler und Goldafter als Schädlinge auftreten.
Pathogene Pilze treten an Zerreiche meist nur an oftmals durch Trockenheit geschwächten Bäumen auf, können dann aber zu Komplexkrankheiten (»Eichensterben«) mit erheblichen Schäden führen. Dazu zählen vor allem Rindenkugelpilze, Eichen-Rindenbrand und Hallimasch. In Italien wurden bereits Symptome einer weiteren, neuen Komplexkrankheit (»new type damage«) an Zerreichen mit dem Absterben von Ästen und Kurztrieben sowie der Bildung von Wasserreisern beschrieben. Vereinzelte Fälle von Wurzelfäule durch Phytophthora cambivora und P. cinnamomi wurden beobachtet. Ein Befall durch die Eichenmistel (Riemenblume) ist möglich. Zerreichen werden von Rehwild und Hase verbissen.
Bild: Schwammspinner
Zerreichen kommen in den Regionen des südös t lichen Mittelmeerraums vor und bilden dort mit Flaum- und Traubeneiche, Hopfen buche, Feldahorn, Speierling, Blumenesche, Hainbuche und Edelkastanie typische Eichenwaldgesellschaften der trocken-warmen Standorte. Als begleitende Straucharten sind dort häufig Strauchkronwicke, Kornelkirsche, Schlehe und Mittelmeer-Feuerdorn anzutreffen. In anderen Waldgesellschaften kommt sie zusammen mit Mischbaumarten wie Rotbuche, Ahorn, Hainbuche, europäische Hopfenbuche, Ess kastanie, Tanne und Schwarzkiefer vor.
In Wäldern mit Zerreichen brüten zahlreiche Vogelarten. Für Eichen typisch, beherbergt auch die Zerreiche eine Vielzahl an Insekten- und Spinnentier-Gemeinschaften. Im Herbst bieten die Eicheln eine wichtige Nahrungsquelle für Schalenwild, Vögel und Kleinsäuger. Sie ist Zwischenwirt für die Knopperngallwespe, die an den Eicheln der Stieleiche typische Wuche rungen (Knoppern) hervorruft.
Es ist davon auszugehen, dass sich die Zerreiche als europäischer Vertreter der Gattung Quercus problemlos in unsere Waldökosysteme integrieren lässt.
Bild: Knoppern an Eicheln
Höherer Wärmebedarf als Traubeneiche. Lichtbedürftig, verjüngungsfreudig.
Pflanzung, Saat oder Naturverjüngung. Hohen Lichtgenuss sicherstellen, Schattlaubholz beteiligen.
Frühzeitige Sicherung von 100 – 150 Optionen einschließlich Mischbaumarten (Abstand 8 – 10 m). Gegen Ende bemessene Förderung von 100 – 150 Optionen. Erhaltmäßiger Kronenspannung zur Astreinigung. Eingriff nur, wenn Optionen gefährdet sind oder bei regional hoher Schneedruckgefahr. Alternativ Bewirtschaftung im Mittel- oder Niederwald.
Bei Erreichen einer Schaftlänge von 4 – 6 m oder BHD von 14 cm starke Umlichtung von 50 – 100 Z-Bäumen (Abstand ca. 10 – 15 m) durch Entnahme der Bedränger. Begutachtung der Z-Bäume alle 5 Jahre und gegebenenfalls Eingriffe. Erhalt des Nebenbestands.